Stehe auf, eile geradezu in die Stadt.
Setz mich auf eine Bank. Sehe mir etwas, jemand an, stehe wieder auf.
Bin schon da, dann dort. Kauf da etwas ein, schon fort, nanogenau realisiert, was in der Wahrnehmung erscheint, Beobachtung dessen, was und wie es sich realisiert, um keine ›falschen Festigungen‹ zu kassieren.
In die Wohnung hinein. Schnelle Recherche, schnelles Schreiben, hochbewusst, sehr präzis. Wieder hinaus.
Warum?
W – a – r – u – m?
Der Verlust.
Der drohende Verlust.
Der erfolgte Verlust.
Auszuhalten nun, was nicht auszuhalten.
Nicht gerade unbekannt.
Von Neuem, anders
noch.
Deine Zunge in meinem Mund
Stand plötzlich still
Nie mehr
Öffneten sich deine Augen.
-
Hilde Domin in der Nacht 1988, als ihr Mann starb.
»In den letzten Minuten des Sterbenden zog sie ihn auf ihren Schoß und verschmolz mit ihm in einem Kuss, den erst der Tod des Mannes beendete.«
(Harald Hartung)
*
»Das große Privileg: zu tun, was ich will.
Die Schwätzer abgekoppelt. Gerade die
die gewichtig daherkommen.
Entfremdungsgesülze von Therapie, Positivität, genau richtig ist das hier.
Es gibt nichts zu bedauern, nichts ratzuschlagen bei dem, was sich hier realisiert.«
*
»Erinnerung daran«, so Carl, »sich angegriffen zu fühlen.
Das will ich nicht.
Damit aufzuräumen, darin liegt ein Schlüssel.
Alles hat nichts mehr mit mir zu tun, die Welt rauscht durch.
Was heute Corona-Maßnahmen-Politik ist, heißt Totalitarismus, war, hundert Jahre zurückgedreht, Sexualfeindlichkeit, Einbläuen von Kriegsteilnehmerbegeisterung, Standes-Ungerechtigkeit.
Die einen haben es hergerichtet, die andern haben es genossen.
Einschließlich der Lügen, dass dem nicht so sei.
Von daher gänzlich unverändert.
Individuelle Ausprägung.
Wer war und ist in welcher Weise von was betroffen, getroffen?
Hundert Jahre weitergedreht, wie sieht es da aus?
Kaum lichter.
›Jemand wie ich‹ wird zu ähnlichen Schlüssen kommen.
Ich . . . beende sofort alles, was in mir nicht passt. So weit es sich beenden lässt.
Kein entfremdetes Subjekt. Von daher die Beweglichkeit.
Rausstürzen aus der Wohnung, hier sein und da, sich einer Beobachtung hingeben, in Kontakt gehen, ausgedehnt Rad fahren, etwas essen – Genuss & Daseinsvergegenwärtigung, rein raus hier und hier.«
Das soziale Geschlecht gehört, neben Herkunft (Familie), Glaubensrichtung (Religion), Kollektivzugehörigkeit (Nation), Schicht (Klasse) und Beruf zu den stärksten Prägungen überhaupt. Wer sich hier angegriffen fühlt, fühlt sich in der Regel als Person angegriffen, verhöhnt, verunstaltet. […] Wenn primäre Prägungen Automatismen darstellen, die vor jeder Reflexion in Aktion treten, dann ist das Malheur schon immer passiert.
(Ulrich Schödlbauer, Exkurs über den Exzess)
»Gut es so zu sehn, es ist: immer schon passiert. Es passiert trotzdem jetzt, aber es rauscht weiter, ist vor Zeiten schon geschehn. Es gibt Brüche, Freifelder, Ausgänge. Manche dauern nicht mal einen Moment, aber es sind welche. Das gilt es zu sehn, das andre nun weniger.
Die Person kann sich nicht angegriffen fühlen, wenn da keine mehr ist.
Ist es so, was trat an ihre Stelle?
Eben das: Beweglichkeit, des Geistes, des Körpers, u. so etwas wie ein ›Schwarzes Loch‹, in dem das andere verschluckt werden darf.
Wer schluckt?
Beweglichkeit extrahiert, zu einem Teil.«
*
»Mors certa, hora incerta.
[Nur]
Der Tod ist gewiss, seine Stunde ungewiss.«
*
»Natürlich lässt sich eine Elementarstrategie, wie die Gewalt es ist, nicht einfach abschaffen. Sie hat zum Überleben der Gattung beigetragen wie die Paarung zur Fortpflanzung. Menschen erleben andauernd, welches Glücksgefühl entsteht, wenn ein ›Befreiungsschlag‹ gelingt, wenn Fesseln gesprengt werden, wenn das Übermächtige und Bedrohliche zu Boden stürzt und zerschmettert werden kann.«
(Immo Sennewald)
»Zellen im eigenen Körper zerstören nun die Organe. So blind ist das körperliche System, in dem jeder haust. Zu schweigen von der eingeschriebenen ›Blindheit der Psyche‹.«
»Sofort archaisch angedockt bei dieser Frau«, sagte Carl, »sofort im magisch-zwingenden Begehren gewesen.
*Mit irgendwas muss ich mich ja beschäftigen*, muss nicht, zunehmend weniger Lust auch auf solches Gezwungenwerden.«
*
»Leiden daran wurde *lächerlich*«, sagte Carl, »wenn es auch oft nichts am Leiden änderte.«
*
»Der verlorene Gedanke. Was könnte er gewesen sein?
Wie war er aufgebaut, welche Wörter enthielt er, was sagte er? Ein weiterer Schritt . . . wohin?
Offenbar kein Gedanke ›erster Ordnung‹ heißt: Richtungweisende, dringende Gedanken melden sich, geben . . . keine Ruhe.«
*
»Ein realistisches Bild von ihr ergäbe sich, wenn du imstande wärest, das Geschlechtliche abzuziehen?
Stellenweise scheint es zu gelingen.«
*
In diesem augenblick
werden an gewesenen gewässern nie gesehene
und von neuem erahnte nester erbeben
Auch der dichter kommt aus ihnen und ist nur flügel
Zugleich aber
hat das furchtbare und verwüstende zerpflügen des fleischs
aus ihm bis zum tod einen menschen gemacht
(Jan Skàcel)
»Sah ins Freie. – Als ich Augen öffnete, sah ich in ein Gesicht wie danach, als habe es ins Gras gebissen.«
»Öffentliche Wandmalereien: bunt, haben aber weder Herz noch Seele.«
»Grad der Verlorenheit eines jeden Menschen. Von da aus wäre zu sehen
warum
ein Mensch
so
handelte.«
»Wie sieht er aus, der ›Wurzelpunkt‹ deiner Lebensenergie?
Wie fühlst du ihn für dich aus?«
»Wirklich akzeptieren, dass jeder Moment anders, jedes Ergebnis anders ist, selbst ›identische Kopien‹, auf keine Symmetrie mehr hochrechnen, hochfühlen.«