Du darfst nur nicht

Liebe verraten.

(Ernst Meister)

 

 

 

 

 

 

 

Gründonnerstag. Franz K. steht in seinem Zimmer.

 

»Was wünsche ich mir?

 

Ich wünsche mir in der Beziehung eine liebevolle Sphäre, möglichst durchgängig, der alles andere untergeordnet ist.

 

Alle schwierigen Themen nicht so in den Raum zwischen uns hineinragen, dass er dadurch dominiert wird.

 

Dazu gehört: Anstehendes rechtzeitig rational zu besprechen und zu vereinbaren.

 

Es gehört dazu der Wille, Liebe in jedem Moment zu leben.

 

Es gehört dazu Vorausschau – problematische Situationen zu erahnen und deseskalierend zu wirken.

 

um der Liebe willen.«

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Karfreitag. Franz steht vorm Spiegel.

»Es ist so, dass ich mir keine Lust mehr machen kann.

Ich bin getroffen, das habe ich einzugestehen.

Ich kann nicht mehr.

Ich sage es nicht dahin, ich kann nicht mehr.

 

Meistens war da irgendein Spielraum,

jetzt nicht mehr.

 

Wie weit lässt du solche Äußerungen an dich ran?

Du musst es nicht.

Ich weiß ja worum es dir jetzt geht: um dein eigenes Leben, darum, dass du ›für dich sorgst‹.

Ist da etwas daran auszusetzen?

Nein.

Ich weiß wie sehr du unter all dem gelitten hast, ja ich weiß es.

Es war Bestandteil des Notprogramms, aufzubrechen.

Worin liegt also mein Unbehagen?

Es liegt in meiner Vorstellung davon, wie zwei Menschen – du und ich – zusammen leben.

Du kannst dir doch denken, wie sehr ich Begriffe schätze wie

Selbstverantwortung

Soziales Netzwerk

Worin liegt es also? Das Unbehagen.

Ich dachte es wär noch anders.

Ich dachte, der eine wäre für den andern in der Not da.

Man kann nur geben wenn man etwas hat ja ja ja ich weiß.

Wie nah lässt du solche Äußerungen an dich ran?«

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Franz schlendert Karfreitag um 15 Uhr 15 durch die blasse Innenstadt.

»Es wurde ein unendlich sensibler Zusammenhang mit dir verletzt.

Seither halte ich mich in einer anderen Welt auf.

In der Welt des mit dir Unverbundenen.

Das löst diese Traurigkeit aus.

Es ist dem rational nicht beizukommen.

Sicher sehe ich das auch, die Relation zwischen Verhalten und Wirkung, die Verhältnismäßigkeit?

Es geht offenbar allein darum, dass ich nun raus bin, aus der Beziehung.

Oder wo genau bin ich?

An einem Ort, wo ich mich nicht mehr allem, uns betreffend, hingeben kann.«

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am Abend ist Franz K. eingeladen, sitzt da unter einigen Gästen. Doch die Gegenwartsanwesenheit ist nicht allzu hoch.

»Ehrlich gesagt, hadere ich

mit deinem Denkstil.

Ich hab das schon oft erlebt

im Konfliktfall.

Irgendwie stehe ich in deinen Äußerungen wie ein Hampelmännchen da.

Äußerungen, bei denen die entscheidenden Differenzierungen, die eigentliche Richtung, die eigentliche Aussage fehlt.

Ich hab mich schon wund geredet

um das Jeweilige begreiflich zu machen.

Mit dem Ergebnis

dass offenbar nur der allergrobste Gedanke aufgenommen wurde.

Ich hab wirklich keine Kraft mehr dafür, manches noch mal zu erklären, ich will auch nicht mehr, weil das Ergebnis festzustehen scheint. Ein Hampelmännchen halt, ich, in seiner ganzen Verkürzung.

Sicher, es schmerzt auf mehreren Ebenen

weil ich doch so viel Wert lege auf Differenzierung und Genauigkeit.

Doch: Wer verträgt es schon, verfälscht wiedergegeben zu werden?

Kein Mensch erinnert alles genau.

Es würde mir wirklich reichen

wenn letztlich der Grundgedanke korrekt benannt würde.

Dabei liegt es nicht an deiner Intelligenz, nein.

Die schätze ich sehr.

Immer wieder hatte ich z. B. zu sehen, wie du komplexe Zusammenhänge blitzartig in genau richtige Gedanken überführst.

Nicht nur daran ersah ich deine Intelligenz, sondern auch den Könner, die Könnerin.

Woran liegt es also, dass ich – im Konfliktfall, sonst nicht – derart wiedergeben werde?

Es gibt eine Zahl von Möglichkeiten.

Du bist so sehr mit dir selbst befasst, dass du den andern, mich, kaum aufnimmst?

Befasst mit der Entwicklung von Gedanken, die du gegensetzt?

Das erscheint mir zutreffend. Denn: Im Konflikt spüre ich dich oft in einer geringen Tiefe des Zuhörens. Zu deinem Stil gehört es, aufzuzeigen, dass nicht nur du es bist, sondern auch ich.

Das finde auch ich sehr richtig.

Nur die Vergleiche und Relationen, die du einbringst, potenzieren das Thema, verhindern wirkliche Klärung des einzelnen Punkts und sind: sehr anstrengend.

Du bist geradezu ausgerichtet auf die Aufspürung des wunden Punkts, die Negation.

Ist das bei mir anders?«

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ostersamstag. Franz sammelt sich noch etwas in der Wohnung, bevor er einen größeren Tagesteil in der Natur verbringen möchte.

»Mich zu beleidigen oder rüde in meinen inneren intimen Bereich einzugreifen geht schief.

Und beides geschah.

Daran ändern auch die Begründungen nichts.

 

Es habe sich gestaut, du habest es nicht recht kommen sehen, und zugeschlagen.

So ist der Mensch, der hervorging aus dem Tier.

In letzten Monaten hatte ich alles in mir kommen sehen und stets rechtzeitig reagiert. Weil es mir das Wichtigste war.

Ich hatte etwas erlebt, was ich noch nie geschafft habe: ich war über einen langen Zeitraum ausschließlich liebevoll geblieben.

Bei allem, was dich umtrieb.

Alles war heilig gewesen, versteht du es?

Die Zeit war es auch, denn wir hatten alle Zeit für uns.

Uns geschah nichts

in dieser Zeit.

 

Das Übel kam herein mit deiner Berufstätigkeit, SOFORT.

 

In meiner Ehrlichkeit reagierte ich auch scharf,

auf den Eingriff.

Ich hatte in diesem Fall Recht, aber keine Besonnenheit bei dir, du legtest noch und noch einen drauf.

Am Abend, da er verraten wurde.

Warum kommt das jetzt, verrieten wir jemand, verrieten wir etwas?

Darf man nicht mal Gefühl ausdrücken, beidseitig!

Es verschleppte sich. Über eine Woche keine Klärung. Bis hin zum Gründonnerstag.

Karfreitag brachst du dann auf.

Es klingt dramatisch: Aber etwas wurde in mir verraten. Ich muss noch weiter darüber nachdenken. Weil es ist eigentlich nicht im Vordergründigen zu finden.«

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Was zwischen den Gräsern

verloren ging

Libellenlieder auf und nieder

haben wir uns

nach der Geburt getroffen selbst

das Atmen

ist zu laut wenn ein Flügel über

das Grün geht

(Marie T. Martin)

 

Franz K. befindet sich auf einer Bank. Herrliche Sonne am Ostersamstag. Felder und etwas Wald rings um ihn.

»›Innere Not‹ – darin liegt ein Schlüssel.

Und habe mir nochmals anzusehen, wie ›haltbar‹ das ist, was sich da in mir tut.

Auf der Ebene des Sprechens können wir, beidseitig, über nahezu alles sprechen.«

Wir hatten

Spielwerk,

wir hatten, von Namen,

Tod, den

unerlebbaren Punkt, wir

hatten Sprache – aber

gab es Wir?

(Ernst Meister) 

»Diese vieldeutigen Zeilen berichten für mich von der Trennung durch den Tod im Leben, vom Nichtzustandekommen des Wir.

So sehr rang ich darum, um das Wir, in meinem Leben, es war so lange ausgeblieben bzw.: nicht erlebbar gewesen.

Das änderte sich – mit uns.

 

Ich habe da sicher einen mächtigen Anspruch.

Die Vor-Geschichte trug dazu.

Es ist mir bewusst.

Ich wünsche mir das Absolute.

Absolute beidseitige Zuwendung

in metaphysischer, sakraler Zuspitzung.

Da haben wir es schon, in zwei Punkten.

Wer macht das mit, wer ist so drauf?

Und: Wie ein Heckenschneider schneidet die Berufstätigkeit dazwischen.

›Nicht lebbar‹, so erscheint gerade wieder ein hämischer Kobold.

 

›Innere Not‹ in diesen Tagen?

Es ist der Abschlag, das Getrenntheitserleben.

Ein subtiler Schmerz, schmerzvoller als –

›Innere Not‹, ich sage es drastisch, spitze es zu, es ist der Wahn, das Wahnsinniggute, dass einer dem andern in seinem Leben helfen könnte.

 

es hat vom Traum, den passenden Mund, das passende Gestirn, den genau passenden Menschen zu finden.

Dies der Wahn - - -

Vor allem – den Wünschen nach – einen Willen, eine Liebe, die all das will.

All das?

Alle Fremdheit, alle Irritation, alle Verunsicherung aufsaugend, umwandelnd . . . zu zweit.

 

Ich komm jetzt mal wieder auf den Boden zurück.

Jeder hat seinen Willen, seine Geschichte, seine situativen Bedürfnisse, und die können nicht deckungsgleich sein. Damit ist im Grunde alles gesagt.

 

(in der Kirche in Telgte)

 

 

Alleinsein

und dieses Alleinsein auszuhalten

gehört zum Menschen.

Er kann sich mit allem Möglichen in Verbindung wähnen, diesen Kosmos für sich selbst halten, er kann überhaupt alles machen, aber er hat allein zu sterben. Und auch weitgehend allein zu leben.

 

Und das, was selbstverständlich ist, also das

hat in diesen Tagen nochmals zu einem großen Schmerz geführt.

Nüchtern gesagt: Das gemeinsame Lebensgefühl brach in mir zusammen.

Wurde auf die jäheste Weise getrennt.

Jeder kennt es.

Und merke aber, an einem Punkt zu sein, wo sich – ich habe es weiter herauszufinden – nochmals ein Stück Glaube abtrug.

Beschränke ich es auf den Moment:

Ich sitze hier, und es ist mir nicht mehr vorstellbar, mein inneres Alleinsein zu verlassen.

Eine Transformation zu zweit erscheint gescheitert.

Freundliche und zugewandte Sequenzen sollten darüber nicht hinwegtäuschen.«

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ostersonntag. Franz war es vorstellbar, zum Ostersonntag hin zu verreisen. Doch sitzt nun auf dem Fahrrad und entfernt sich, sehr langsam, von seiner Wohnung.

»Wie weit zog es dich ›in die Welt hinaus‹ . . . An was wurde alles vorbeigezogen.

Da wo man blieb, war es da befriedigend?

Es war jedes Mal – auch – ernüchternd.

Dieses kleine Stück Erde jetzt, unweit der Haustür, und doch etwas abseitig.

Wie löslich alles nun.

Abschied erscheint so nah.

Doch mit nichts aus dem Zurückliegenden tauschen wollen.

 

Die Nachmittagsweltreise

ganz

Bewusstheit

im eignen Rhythmus nun«

Am schwersten

reichen die Menschen

ans Eigene,

allzu sterblich.

(Ernst Meister)

»In der unmerklichen Abgrenzung zu allen Menschen

atme ich endlich ganz

 

Die gleiche Strecke wie gestern. Es geht darum, über einen längeren Zeitraum in die Natur hineinzufahren ohne von ihr beeinträchtigt zu werden. Und darum zu entdecken, was beim letzten Mal übersehen wurde oder erst heute da ist. Ja darum, lange im Austausch mit Natur zu sein; um dieses Gefühl, das sich so viel tausendfach anreichern kann, um diese Seinsart.

Zu einem Fest wird, aus einer Flasche Wasser mit leichtem Himbeergeschmack zu trinken, der angeblich keine Kalorien hat.

und auf einmal die Wendung: Was brauche ich Menschen!

Der Ostersonntag war schwer angelaufen. Ein überhelles Auferstehungslicht war mit dem Erwachen gegenwärtig. Christus strahlte als Licht vom Kreuz. Doch dann Erinnerung an dich. Vergegenwärtigung deiner Abwesenheit.

Es half der Gedanke: Ein Mensch hat dann die Chance wirklich entspannt zu sein, wenn er alles lässt wie es gerade ist, alles. Sei es noch so schief.

 

Das übe ich seit Jahrzehnten ein. Und dann doch wieder etwas, das zu bearbeiten ist, weil es nicht gelassen werden kann wie es ist? Ich sagte dir, ›es geht mir nicht gut, mit diesem Riss jetzt, da ich doch Monate bei dir war‹. Du sagtest darauf, ›mir ist letzte Woche klargeworden, dass ich wieder ein soziales Netzwerk brauche‹. Du hättest auch sagen können, ›ja, das ist auch ein schwer lebbarer Kontrast‹, und gemeinsam nach einer ›Lösung‹ gucken können. Es ist mir so wesentlich, gerade in solchen Situationen in Verbindung zu bleiben. Aber bereits bei einer solchen Äußerung ist man nicht mehr miteinander in Verbindung. In schweren Konfliktsituationen reagierst du oft abgrenzend. Dass dein erstes Wort ›ich‹ oder ›mir‹ war, ist bezeichnend. Es erinnerte mich auch an Menschen, die es nicht aushalten, wenn es einem anderen schlecht geht; häufig sind es Menschen, die selbst zu viel genommen haben, denen es selbst schlecht geht.    

So oder so: Du hautest drei, vier Sachen raus ohne sie im Verlauf von zehn Tagen besonnen mit mir zu klären und lässt mich über diese Tage damit allein.

Was alles war wichtiger in dieser Zeit?

Du siehst mich in solchen Momenten nicht.

 

Oder gibst es nicht zu erkennen.

 

und an solchen Stellen kann etwas bei mir greifen, was sehr schwierig werden kann, das Übelnehmen.

Oder wie wäre es präziser zu benennen?

Oder was ist es genau?

 

Es ist ein Sich-Verschließen.

Es ist die echte Enttäuschung von Grundwerten, die bei mir nicht infrage stehen.

Ich kann das rational sehen. Aber es ist schwierig für mich selbst, in all den Seinsschichten, wenn dies ausgelöst wird.

 

So kam das Gespräch am Gründonnerstag, in dem wir entscheiden wollten, was wir Ostern tun oder nicht tun. Du hättest nur sagen brauchen, ›Komm, lass uns besonnen sein, komm . . . Es geht doch darum, dass wir zusammen sind‹. Das hattest du auch alle Zeit vorher betont. Auch ich hatte etwas davon kurz zuvor noch signalisiert. Du hättest nur ein gnadenvolles Wort sprechen brauchen. Aber du brachtest höchst brisante Zusatzthemen ein, die vorher gar nicht erschienen waren, nur aus deiner eigenen Ambition heraus entwickelt (anstatt den Gesamtzusammenhang zu sehn), Zusatzthemen, die mich sozusagen an die Wand stellten, und danach waren wir, ohne es rechtzeitig bemerkt zu haben, völlig erschöpft. Zusatzthemen, die die Verletzung, die du mir zugefügt hattest, ignorierten. Komplexe Zusatzthemen in einem sensiblen Zusammenhang, die von dir nicht vorsichtig und gerecht aufgearbeitet wurden, separat und zu einem anderen Zeitpunkt hätten angesprochen werden müssen, und Verzweiflung und Chaos in mir hervorbringen mussten. Daraus zogst du dann den Schluss, mich abzustoßen, allein zu bleiben.

 

Sodass ich mich frage, ob es nicht vorher schon feststand allein zu bleiben, um schließlich aufzubrechen.

 

Wenn das so wäre, würdest du ein falsches Spiel betreiben.

 

Ich sitze auf einer Bank und sehe auf Sachen, die in die Natur geschmissen wurden.

Ich denke an den Russland-Ukraine-Krieg.

Es tut gerade gut, kein Urteil dazu zu fällen, sondern gehe im Innern den dunklen Schritt mit, den Menschen jeweils gingen.

Ich bin froh, ohne es empfinden zu können, derzeit in keiner gesellschaftlichen Kampfzone zu stecken, und beim Blinzeln gegen die Sonne erscheinen als inneres Bild ein paar Pflanzenspitzen, die vom Wind ab und an sehr sanft berührt werden.

Nicht ohne Sehnsucht fällt mein Blick auf die ein und andere Partnerin, die mit ihrem Partner auf dem Rad vorbeifährt.

 

 

 

Ankunft am See. Draußen, in der Gastronomie, sitzen die Geimpften, was an diesem schönen Platz hörbar wird, ist Großmäuligkeit.

Als Nicht-Geimpfter setze ich mich an den See mit Brot und Tee. Bei den Spaziergängern über den See verteilt dominieren ausländische Stimmen.

und denke noch einmal an das Auferstehungslicht, das in der Nacht so reich und intensiv entstanden war.

Ich hatte, von vorneherein, die Beziehung mit dir damit in Verbindung gebracht: Auferstehung.

 

Doch dieser Tag im herrlichsten Wetter zwischen uns bleibt leer.«

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ostermontag.

»Eine sehr eigenartige Nacht war das. So zerrissen und zerklüftet war es lang nicht mehr.

Beim Aufstehen war da ein stechender Schmerz in der Hüfte.

Ich setzte mich an den Schreibtisch und sah in eine Leere, mit der ich nicht leben wollte.

 

Die zurückliegenden Tage berühren einen der zentralsten Punkte überhaupt.

Das Phänomen der heillosen Beziehung.

 

Rausgehen deswegen, weil Drinbleiben noch schlechter draufbringt.

Am Fahrrad im Keller der Eindruck, es mit einem inneren Kreuzgang zu tun zu haben.

Entferne mich wie ein sehr alter Mensch von Wohnung, sehe auf den ein und anderen, nirgendwo ein Ankommen. Zumal ich ohnehin in meiner Art fremdartig anmute.

Ich würde am liebsten ein Glas Wein trinken und eine Zigarette rauchen, aber ich weiß –, dass das ungute Auswirkungen haben würde.

Redefetzen in der Luft setzen vitale Muster fort, die niemand wirklich erreichen.

Ich entdecke eine winzige Blume.

Die Erstarrung zum Foto würde ihre eigentliche Schönheit nehmen.

Ich mache eine Notiz, kein Mensch sonst macht hier Notizen. Oder doch, poetische?

Was könnte mir helfen?

 

 

Wenn du dir Zeit nähmest, die von dir bewirkte Verletzung ganz anzusehen.

Ohne Widerstand oder etwas Anstrengendes hinzuzufügen.

Nur einmal das.

Wenn du dich evtl. entschuldigen würdest.

Wenn ich mir Zeit nähme, die von mir bewirkte Verletzung ganz anzusehen.

Nur das.

Wenn ich mich bei dir entschuldigen würde.

Wenn Vertrauen wieder vorbehaltlos und rein wäre.

(Aber das, das ist in Aussichtslosigkeit gerückt.)

 

 

Wenn wir vereinbaren würden, dem Ausmaß an Negation bei empfindsamen Punkten einen Riegel vorzuschieben.

vereinbaren würden, in solcher Situation auch etwas Gutes zu sagen.

 

Im Weiteren sind es solche Gedanken:

Dass du den harmonischsten ›Gebrauch‹ von mir machest, wenn du in einer Notsituation oder Mangelsituation.

Dass du jenseits einer Notsituation den kritischen Verstand wieder schärfest, von dem ich dann, in der Art eines Sündenbocks, unkontrolliert getroffen werde.

Dass wenn ich in Not gerate, sogar wenn ich es sage, du gerade dann in den Widerstand gehst, schwer gereizt bist.

So ist das sicher nicht richtig. Es gibt Gegenbeispiele.

Aber finde es so auch nicht falsch.«

Der von den Sonnen,

Himmelshäuptern,

gesponnene Faden,

der wahrhaft schwarze

»Ernst Meister bereits an seinem Ende angekommen, als ich in die Schwelle der Pubertät eintrat, und was traf ich noch für Entscheidungen –, sie hätten ihn weiter ›an der Welt zweifeln lassen‹; es war die Frage der Zeit, letztlich fand es zusammen; wie gut ich die hinterlassenen Zeilen doch verstehe.

 

Ich finde schon, dass du unsere kleine Welt an der ein und anderen Stelle verraten hast.

Oder welches wäre das passendere Wort?

 

Ich auch?

 

Ich vermisse bei dir das Vorausblickende, das Geduldige, den unbedingten Willen im Zweifelsfall, dass unsere Welt das Wichtigste ist und verteidigt und reingehalten wird.

Das wäre für mich wirklich gutes Leben, Zuverlässigkeit, auch Souveränität.

 

Es kommen immer wieder Attacken von dir, Nervenreizungen, die nicht sofort kommuniziert werden, sich aufstauen, dann zur Entladung führen – oft subjektiv heißt: dass z. B. gar keine Vereinbarung oder ein mitgeteilter Anhaltspunkt zugrunde liegt.

 

Ich erinnere, dass es um wenige Minuten ging, wenn wir bei schönem Wetter zum vereinbarten Zeitpunkt nicht exakt pünktlich rauskamen. Du machtest dann eine riesen Szene. Wobei es zu deinen Eigenarten gehört, Begründungen im Grunde nicht zu akzeptieren. Es deutet wohl auch dahin, was für dich wichtiger ist.

Nicht: mich bei einer Abweichung gnadenvoll zu behandeln.

Sondern: deine von vorneherein feststehende Vorstellung durchzusetzen.

 

Ich stelle fest, dass wir ganz verschiedene Prioritäten setzen.

Ich hätte nie mich so verhalten, Ostern dich auszuschließen, niemals!

 

Ich steige aus, aus deinen Themen; wenn ich nicht an der Freude teilnehmen kann; du hättest auch mal denken können: Nach diesen Monaten hatten beide es verdient, ein schönes Ostern zu feiern. Zumal es Bedeutung für uns hat. Es ist definitiv: Ich möchte eine solche Beziehung nicht, bei der ich mir regelmäßig anschauen kann, dass andere Paare an solchen Tagen es offenbar besser machen.

 

Eine Beziehung, ein Leben, bei dem sich nicht erkennen lässt, dass in den fraglichen Punkten über einen langen Zeitraum nur irgendetwas gelernt wurde; wichtige Lebensbereiche, die lediglich Bestandteil eines Mechanismus sind.«