»In der gesamten Beziehungszeit«, sagte Carl Lichthof, »hatte sie nicht einen Nachteil durch eine Ex-Partnerin.
Zu ihrer Art gehört, wenn etwas unklar ist, einen Verdacht aufzuspüren, kriminalistisch vorzugehen – bis die Spinne im Netz hängt. Mit welcher Berechtigung?
Das Prinzip, wenn etwas unklar ist, ist nicht: Vertrauen: Ehrlichkeit, Gutsein und Wahrheit in Ton und Gehalt wertzuschätzen.
Was wäre das Gegenteil davon?
Jemand, vor allem den Partner, nicht in dieser Weise unter Verdacht zu stellen.
Selbst wenn etwas nicht so ausgefallen wäre, wie erhofft, was wäre daran so schlimm?
Es geht hier ganz grundsätzlich um die Diskrepanz zwischen der Person, wie sie in Beziehung ist, und der GANZEN Existenz.
Zweitere hat noch andere Bedürfnisse, vielfältiger Art, das dürfte doch klar sein.
Manchmal kam mir ein Wort wie: Freiheitsberaubung.
Oder: Beziehung als Leibeigenschaft.
Meine Meinung:
Die Grenze einer Beziehung ist, wenn nicht polyamor gelebt wird, eine andere Beziehung nicht einzugehen.
Was jemand für sich auch tut, die Grenze ist, wenn die Beziehung darunter leidet.
Wenn es etwa gravierende Abwesenheiten, innerhalb der Beziehungszeit Sehnsüchte nach anderen Partnern gibt.
Zeitmangel, Freudlosigkeit, fehlende Wertschätzung.
Von all dem gab es nichts.
Die Beziehung hatte eine sehr gute Energie.
Wenn das nicht der Fall war, lag es an 'Themen', nicht an anderen Menschen oder gar Ex-Partnern.
Von daher«, sagte Lichthof, »finde ich ihre Reaktion zunächst einmal kaum glaublich überzogen.
Wenn sie etwas wollte, teilte sie es einfach mit, immer mal wieder ohne Diskussion. Zum Beispiel, dass sie Silvester da und dahinginge . . . Es stand derart fest, dass ich dann überlegen konnte, ob ich mich anschließe oder nicht.
Statt zu fragen, was beide wollen.
Ich bin ja als freier Übersetzer tätig. Das heißt, ich habe tagsüber keinen Kontakt.
Wie erwähnt, gehören zu den wenigen Kontakten, die ich überhaupt habe, die 3 Ex-Freundinnen, die ich in sehr unterschiedlicher Zeitabfolge gelegentlich sehe.
Streiche ich sie, habe ich ehrlich gesagt so gut wie nichts mehr an Kontakt.
Sie hat den ganzen Tag Kontakt, mehr als ihr lieb ist, und nicht gerade immer den Kontakt, den sie bräuchte, denn er ist Teil ihrer Berufstätigkeit.
Meine Kontakte nun abzukontrollieren auf erotische Impulse hin, macht mich geradezu krank, einmal, weil diese Art generell gegen meine Freiheitsvorstellung geht, und weil ich es ganz einfach brauche, diesen ganz wenigen Kontakt, den ich überhaupt habe, unbeschwert und frei einzugehen. Und nicht unfrei.
Wenn ich mich da noch zu rechtfertigen habe, verliere ich wesentlich an Freude zu leben.
Das hätte und hatte auch bedenkliche Auswirkungen auf die Beziehung.
Wäre ich abhängig von einer Person.
Hier wären Großzügigkeit und Vertrauen gefragt. Einsicht und Wohlwollen
für die Konstellation, in der ich nun einmal bin.
Wertschätzung.
Wie ich die Wohnung über Wochen mit in Ordnung hielt, so liebevoll in jeder Sekunde. Wochen hatten wir inspiriert und völlig harmonisch zusammen gelebt.
Es wäre gut und so wohltuend, wenn sie auch die anderen Menschen – Ex-Freundinnen hin oder her – wertschätzen könnte, ein tendenziell feindliches Verhältnis zu ihnen aufgeben würde.
Man braucht mich nicht über den Unterschied zu belehren: Aber was wäre es für eine Hölle, wenn ich ihre Freundinnen derart abkontrollieren – feindlich betrachten – würde. Ja, ich sähe sie schon genervt vor mir, das hätte ihr gerade noch gefehlt, in ihrer Situation . . . genau, und genau das ist meine Situation!
Ich würde mich nicht trauen ihr zu sagen, dass eine Ex-Freundin, zu der keine Beziehung mehr besteht und auch – auf beiden Seiten! – keine Beziehung mehr gewollt wird, etwas Wunderbares sein kann. Jedenfalls dann, wenn es sich um so wundervoll komplexe Menschen handelt. Man war eben nicht wie aufgescheuchte Jugendliche ohne menschliche Größe auseinandergegangen. Sondern konnte an Werte und Wertvolles im Horizont des andern anknüpfen. Es tut auch so gut, eigentlich gekannt zu werden und jemanden eigentlich zu kennen. Bei allem ist die klare Zuordnung wichtig, ohne die das nicht geht. Und die ist – in meinem Fall klar.
Ich hasse diese Bewegung, etwas vor ihr zu verdecken, obwohl ich gar nichts verdecken möchte, das ist kein Leben.
Es kann nicht angehen, meine wahren Bezüge zu Menschen aussparen zu sollen. Weil der Partner sie nicht verträgt. In die Sphäre einer Notlüge zu geraten, weil sonst das Chaos ausbräche – das ist Gift für mich selbst, verstößt gegen meine Natur!«