»Das Stadium der Besinnung auf die Seele der Beziehung wurde, nach schwierigen Monaten und Wochen, also gar nicht mehr erreicht.
Und ja: Welcher ist der Kern dessen, dass sie sich – auf diese Weise – trennte?
So eine Entscheidung trifft man doch, auch wenn eine Situation noch so verknappt ist, unter Abwägung aller oder grundlegender ›Faktoren‹.
Sie hatte mit dieser Abbruchs-Entscheidung einige für sie brisante Dinge gekappt.
Zum Beispiel, sich Weihnachten zu treffen. Das fand ich, wie die Dinge standen, auch nicht einfach.
Und da gab es dieses übernötige Bedürfnis, sich zu erholen.
Sicher auch das Bedürfnis, sich neu zu orientieren, zu reinigen.
Nach all dem wollte sie vielleicht wieder frei sein. Das kann ich verstehn. Ich hatte auch solche Anwandlungen.
Es gibt die Klarheit desjenigen, der sich allein organisiert.
Das ist das Eine.
Das Andere ist, wie der andere behandelt wird.
Und welche Muster jeweils greifen.
All das angesprochene Verhalten sowohl von ihr als auch von mir gehört doch zum ›Symptom‹.
Aber welcher ist der Kern?
Der ›Kern‹ ist meines Erachtens, dass sie nicht spricht
in Situationen, in denen das wirklich nötig wäre.
Das heißt nicht, Problematisches in mir nicht zu sehen.
Geradezu alles wäre auf beiden Seiten mit etwas wirklicher Liebe – oder womit? mit echter Kommunikation – schnell abänderbar gewesen. Wenn nicht gleich, dann innerhalb von zwei Tagen.
Stattdessen dehnte sich der konfliktäre Stoff aus und wurde dadurch groß gemacht. Geradezu jedes Mal.
Groß gemacht wurde er auch durch die Art der Interpretation.
Sie hätte in der fraglichen Situation, als Geräusche von der Küche gekommen waren, einfach sagen können, zumal ich währenddessen gefragt hatte«, so Lichthof, »ob ich es sein lassen könne. Ich hätte es sofort sein gelassen. Und, als die Musik einsetzte, sagen können etwa ›Eh, was machst du da, kannst du das bitte ausmachen?‹. Ich hätte sie sofort ausgemacht.
Das wäre normal gewesen wenigstens zwischen Menschen, die sich richtungsweise lieben. Oder bei einem Menschen, der richtungsweise liebt.
Stattdessen, entschuldige Dieter«, sagte er zu mir, »lud sie jedes Mal denselben Scheiß bei mir ab, über Diktatur und Freiheitseinschränkung. Als hätte sie mich aufklären müssen! Und zieht dann solche Schlussfolgerungen, fällt dann solche Urteile. Ist das besser als das, was sie dem Staat und vielen Menschen in ihm vorwirft? Entschuldige.
Es zeigt offenbar ihre Außenorientierung. Sicher, jeder ist angewiesen auf Außenorientierung, ich auch. Aber wo blieb ich dabei, welchen Wert hatte noch die Beziehung an sich?
Am Tag, als sie sich trennte, ja, es fiel mir auf: Ich fragte mich nicht zum ersten Mal, als wir dann im Bett lagen, was können wir eigentlich noch miteinander anfangen?
Ich wurde so tief müde.
Auch sie.
Das war doch anders gewesen, in den langen ersten Monaten, Flammen und Feuer. Und weiß ja, Leben bleibt nie stehn, in keinem Anfang.
Was liegt ihr an mir, ohne Zusätze, ohne andere Themen, ohne Diktatur und Widerstand?
Oder: ›Haben wir das‹, fragte ich mich, ›was wir zusammen leben können, bereits ausgelebt?‹
Und war dann aufgestanden, und hatte die angepappten Essensreste auf Spüle und Herd gesehen . . .
Da war auch manches, bei dem ich annahm, dass ich es ihr nicht sagen könne.«