14.6.2019

Was erinnere ich von Kreta?

.  .  .  einen mehr oder weniger zerfetzten Reiseführer mit Landkarte, beides löste sich wohl irgendwann auf  .  .  .  «Anders reisen« hieß das Buch. Zwei Reisen nach Kreta, 1982 sowie 1983. Ich sprang hin und her, war an vielen Orten dieser Insel. Was für ein Mensch war ich   .   .   .   in dieser Zeit?

 

 

17.6.2019

Zur Wildheit des Reisens gehörte, kaum, gar nicht zu kategorisieren. Ich dachte tatsächlich weniger über Landschaft und Menschen nach, vielmehr erlebte ich sie.

 

 

 

 

23.7.2019

Réthimnon, das nun gebuchte Ziel. Einst dort gewesen. Es wird dir retrospektiv zum Zentrum und Kulminationspunkt der Erinnerung, der so viele ähnlich gelagerte Reiseerfahrungen vereinigt.

Richtungweisendes aus der frühen Zeit soll auf der anstehenden Reise «unter die Lupe« genommen werden.

 

 

 

 

Ich erinnere, dass ich leben wollte: nicht untergehen wollte.

Setzte mich im Hochsommer dem griechischen Sonnen-Mittags-Licht aus, konnte – nach all dem – nicht genug Leben und Licht bekommen.

 

 

25.8.2019

Erinnerung daran, in Piräus eingetroffen zu sein, 1982. Kaufte eine Flasche Rotwein und ganzes Brot und frischen Schafskäse. Setzte mich an den Quai. Trank letztlich die ganze Flasche Wein, trank den Sonnenuntergang. So bewusst und gültig, als käme nie mehr danach etwas.

 

 

 

 

17.9.2019

Chóra Sfakion. Das war so ein Ort auf Kreta, der sich einprägte (1983), noch immer magisch in meinem Gedächtnis aufblitzt. Ich bräuchte einen Film von mir selbst aus dieser Zeit, ja, der mir hülfe, mich über Gedächtnisschlaglichter hinaus zu erinnern. Und doch: So vieles scheint beschädigt dadurch, dass sich die Zeit dort – wie an so vielen Orten – nicht befriedigend in etwas, das gekommen wäre, befreien konnte. Es bleibt der schale Eindruck einer Mechanik von bestimmten Wunden, die sich über x Zeiträume hinweg – wie Unendlichkeiten – fortgesetzt haben. Und doch: Wie viel und was auf solchen Reisen und überhaupt plötzlich freiblitzte, eine genau richtige Spur war, auch wenn sie sich nicht durchsetzen konnte, weil sie nicht hinreichend erkannt oder wieder vergessen wurde, und gegebenenfalls Jahre oder erst gar Jahrzehnte später ihre Frucht trug.

 

 

 

 

 

 

 

 

24.9.2019

Kreta. Ferne Erinnerungen. An Gerüche, intensive in der Natur, in den Gassen, Sommer, Meerwasser. Überfahrt von Piräus nach Heraklion. Dreiviertel Flasche Ouzo an Deck getrunken. Bei Sturm und trübem Wetter in Morgenfrühe erstmals Umrisse von Kreta gesehen. Dämlicher Alkohol. Sich selbst weit entfernt von Frische der Gegenwart.

 

 

Etwas in der Wahrnehmung flackerte auf, Erinnerungsanklänge, «Geschichten«, und sanken zusammen. Nein, was ich auch erinnere, funktioniert nicht für die Gegenwart des heutigen Tages. Dem 19-, 20-jährigen fehlte noch zu viel, um wirklich sein Glück machen zu können. Immer wieder Entscheidungen, die etwas nicht befriedigend fortsetzten.

 

 

 

Kreta. Was wohl verloren wurde, war eine bestimmte Mentalität in sich, die kaum Resonanzraum fand.

 

 

 

Ansonsten ist doch so vieles *gemacht*, was mir damals noch nicht so klar war. Leben dreht sich allzu sehr um Verkauf, um Verkaufsstellen allerorts. Meer, Luft, unendliche Zeit für gemeinsame Entwicklung – darum wäre es wohl gegangen.