Ein Pfiff genügt und alle liegen in den Büschen oder hocken auf den Bäumen, unfähig, ihrer Lähmung Herr zu werden. Was sie so allen Stolzes entblößt, das muss wohl das Stolzeste sein, das die Erde für sie bereithält. ›Sei unser Stolz, nasführe uns‹ beten sie in ihren staubigen Verstecken und wagen sich kaum ans Tageslicht. Denn tief unter ihren Federn und Fellen wissen sie wohl, dass sie verloren sind.
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(Ulrich Schödlbauer, Der Pfiff)
Franz sagte:
»Eine Geschichte, die immer wieder anderes sein wollte, anderes war, aber dies – auch – blieb: eine Geschichte der Qualen.
Ich erinnere die Treffen mit diesem alten Mann.
Er sagte: ›Wir haben uns gefunden.‹
6-8 Stunden gingen die Treffen, in denen er sich
öffnete.
Dann kam dieser Abend.
Ein Schrei aus dem oberen Bereich des Hauses, der mich so erschreckte, dass jede Kontaktaufnahme zu dem alten Mann – das ganze Treffen stand noch bevor – wie . . . jetzt gehen die Worte aus . . . ohne ›wie‹ . . . über eine ›Umbiegmaschine‹ ging . . . was ist eine Umbiegmaschine . . . ein selbstgemachtes Wort . . . wieder droht nichts verständlich zu werden . . . jede Kontaktaufnahme zu dem alten Mann wurde umgebogen . . . so brutal . . . so verzerrt . . . so ridikül . . . ein Gesicht, meines, das die allerfurchtbarsten Torturen noch einmal durchlebte. Gesicht einer Folterung mit Momenten, die in keiner Zeitung, nirgendwo abgebildet sind, nirgendwo, nicht so. 36 Jahre danach.
Mein Fehler: Ich ging nicht auf die Metaebene, dem alten Mann gegenüber, sagte nicht, was los ist.
In einem letzten Telefonat tat er so, als kannte er mich nicht mehr.
Es ging dabei auch eine Menge Geld verloren, das er mir geben wollte.
Ich sollte sein letzter Verstehenspartner sein. Und war es
Monate.
Da war sie von Neuem gewesen: absolute Einsamkeit.
Letztlich ging dieser Kontakt also kaputt.«
»Es gibt, im Kontakt, diese Chance, zuerst einmal sie:
zu sprechen.«
Das sagte Franz.
Es ist das, was ich erinnere.
Es sind Fetzen. Sätze. Da er nun tot ist, kann ich ihn nichts mehr fragen.
Ȇberbau-Gewalt
Inwiefern der innere Haushalt durch *die Nachricht* gestört wurde, inwiefern sie Gewalt ist.
Nun erschien auf diese Weise die
Lücke.
Augenblickliche Aufsaugung der Gedankenwelt, des Nervensystems, Empfindungsreichtums
zu Einem hin.
So sehr aus dem Gleichgewicht. Schrie (wieder).
Zeigt: es bedarf der Situation, um in diese Armut zu geraten.
Sie geht ja nicht weg, die Latenz.
Schlug mich (wieder).
Tag und Nacht, ohne Pause, diese Situation nun (wieder), egal wie ich mich verhielt.
Bis auf weit unter der Haut zerplatzt. Unbeschreiblich, das Wie.
Dieses Sehen nun.«
»Moment des Fotografiertwerdens als Variante des Kaputtgehens von Ansehen.
Kontakt-Misslingen als Kontakt.«
»Auf ›energetischen Matsch‹ in seinem Blick reagierte sie mit Grimasse
heißt augenblickliche Zurückziehung klarer, ernster, durchlässiger Schichten.«
»›Phobische Punkte‹ nicht als Bedeutungs- und Orientierungs-Zeichen nehmen.
Ist das möglich?
Nicht-gebundene, keine Raum-verkleinernden Kräfte
im Kopf-Raum erzeugen . . .
Jeweilige Erfahrung rastete sofort ein.
Es schaffen, dass dem nicht so ist?
Was ist schaffbar?«
Franz sagte:
»Was braucht jemand, der stottert?
Ich brauchte, bei Kontaktaufnahme, oft einen *biochemischen Kick*, um
Raum geben zu können.
Mancher glaubt, das mit *Psychopharmaka* zu erreichen, ein solcher Versuch kam für mich nie infrage.
Doch mühsam, dies aus mir, aus sich selbst zu bewirken. Es war nicht möglich, dass es ganz gelingen konnte. Eine Aufgabe, die immer neu anstand . . .«
»Die Stimmen aus der Verletzung
waren die eigenen.
Tatest dir damit manches Mal etwas an wie einem anderen.
Erst als du damit aufhörtest, warst du weiter.«
»Wie schwer du ablassen konntest.
Nerven durchglühten zur Gewalt.
Ungünstige Voraussetzung, gewesene Ereignisse
›stehen zu lassen‹.
Wenn ein ›wackeliger innerer Boden‹ erst einmal erreicht wurde, steht man – IM KONTAKT – unter Handlungsdruck, jedenfalls war es oft so: wie schlecht es dann werden kann, wurde.«
»In der Nacht das Bohren und Kratzen, ›unwiderstehlich‹; wurde eingerissen; den Wundzustand (selbst tätig . . .) wieder hergestellt.
Erst als du das ließest, warst du weiter.«
»Erinnerung an jemand, der ohne Grenze geschehen ließ, das
mit Toleranz verwechselte.
Sich irgendwie mitschleppen ließ, dabei todtraurig.«
»Erschreckend: Wie wurde mit deiner Traurigkeit in dieser Zeit umgegangen?
Es hatte doch Gründe, sich
nicht zu zeigen.
Wer unternahm einen Rettungsversuch?
Sich gemerkt: Niemand.«
»Sein Blick so weit nach innen gerichtet, dass er kaum mehr erreichbar erschien.«
»Deine Verhinderungspsyche so oft schneller gewesen
als Leben sich ereignen konnte.«
»Sich noch im Recht gefühlt. Seine Unsicherheit – keine herkömmliche – noch als Bestätigung aufgefasst.
Immer weitere Steigerungen waren es gewesen, der Un-Gerechtigkeit.«
»Keine herkömmliche Strenge.
Den geschlossenen Mechanismus galt es zu unterbrechen. Durch
- Setzung der Grenze.
- innere Durchlässigkeit.
- größere Abweichungstoleranz, immer noch größere.
- Humor . . . . . Spiel-Raum.
- inneres Verschwundensein aus der ›Problematik‹.«
»Der alles zerfetzende Gedanke
sich selbst zerfetzend.«
». . . so sehr ins Unkontrollierbare abdriftete«, sagte Franz, »als werde die Tischdecke vom gemeinsamen Tisch gerissen, auf allergröbste Weise, innere Tischdecke.«
»Ein Mensch, das ist eine Abwehr ? ? von Gefahren und Sehnsucht nach einem Nest mit Vertrauen. Licht im Vertrauen.«
»Mit dieser Erinnerung rutschte der Blick von einem ungenießbaren Feld zum andern, ohne Halt, ohne Aufent-Halt, identitätslos (geworden), ruhelos (geworden), unfreiwillig abstoßend (geworden).«
»Ein innerer stabiler Planet, in dem du dich gesichert unter allen bewegst. An den Schnitträndern nicht mehr sozial gefährlich
erscheinend, nur erscheinend.«
»Musste in meinem Leben viel Rücksicht auf die Störungen der Täter nehmen . . .«
»Dann in einem Gegensatz von Tonus.«
»Wege heraus?
Es kam so oft der Punkt der Manifestierung
des Urteils gegen mich. Latenzergebnis.«
»Wege heraus
Schon in jungen Jahren gelebt, Gefühle ausgelebt, als seien es die letzten.«
»Der Schmerz geht aus von einer Kognition, die dann
das Gefühl
und Räume jenseits des Gefühls
verstrahlt. Verseucht.
Der Täter und die Streuungen nun eine erschlossene, aber in sich nicht bewältigbare ›Kognition‹.
Eher die Tat.
Was ist jetzt gerade bewältigbar?
Draußen: Dir hochgefährlich werdende Kognitionen
die sich in dir bilden.
Alles Erlebte
eine Kognition.«
»Als sei ich geschäftig gewesen und hätte keine Zeit gehabt, so konnte es wirken, dabei erhielt ich nun im Innern keinen Raum mehr – unter der Kognition, die in mir erschien = Zusammenfassung des Geschehens, das, einmal ausgelöst, im Lebensgefühl nichts als Abgründe produzierte, mit denen sich schwerlich in Kontakt gehen ließ oder ›man‹ sich schämen ›muss‹.
Geschäftigkeit, keine Zeit, ich? wollte nur weg aus der inneren Situation, weil da KEINE MITTEL, weil alle herkömmlichen und nicht-herkömmlichen versagten, nicht mehr funktionierten.«
Franz sagte:
»Es wird so getan, so verstanden, als sei das, was hier zu lesen, abzukoppeln, eine eigene Kategorie.
Dem ist nicht so.
Der jüngste politische Höhepunkt, die Corona-Maßnahmen-Gegenwarts-Geschichte, diese Energien.
Diese Mentalität.
Was mir widerfuhr
besonders krass, ja.
Innerhalb dieser Mentalität.
Die unverändert vor vier Jahrzehnten so bestand.
Zur Zeit der Hexenverbrennungen schon so bestand.
Viel viel weiter
zeitlich
ließe sich zurückgehen.«
»Leben als gewisse Ordnung, in der sich
etwas gut leben lässt, wurde immer wieder auf eine mir gefährlichst werdende Weise
eingerissen.«
»Was für ein ›Palast‹.
Beide zwischen 30 und 40.
›Frank und Bianca‹ steht an der Türklingel.
Schutzwall ums Haus, doch angenehm.
Nachbarn entfernt.
Ein Wohnparadies.
Von Beruf . . . was wird da hin und hergeschoben?
Aber können sie es wertschätzen
können sie es erfüllen?«
»Wie sehr ich mich als Heranwachsender verschätzte bei dem, was sich verändern lässt . . .«
»Sich so aufgeregt, einfach gesagt; un-vorstellbares Chaos an einem Jugendtage; Nachhall – hält in gewissem (Un-) Sinn bis heute an.«
Franz sagte:
»Diejenigen, die dich diskriminierten in hilflosester Situation, hätten Liebe zeigen müssen.«
»Erinnerung daran, meinen Kopf in der Stadt vor einer Unbekannten drastisch weggeschleudert zu haben, so aufgescheut.«
»Augenblickliches Unwohlsein, wenn nur etwas *Menschliches* im Hausflur.«
»Im Grunde war es so: Dass ich all diesen Menschen, die kaum Gutes erzeugen, nicht begegnen wollte.«
»In Erinnerung daran, woran . . . wich Leben augenblicklich aus mir, sodass ich überall anzustoßen drohte.«
»Flüssigkeitsgrad / Erstarrungsgrad in der Stadt.
Kollision der Erstarrung mit mir selbst . . .
nah vor jemand.
nicht zu dem stehen, wie du hättest sein wollen, sondern dazu stehen, wie du warst.
Nicht nur deine Schuld: es fehlt immer auch an Liebe beim Gegenüber: emotional, kognitiv.«
*Rülpsen* im Hausflur. Enthemmtheit löste Täter-Irre aus. Dann eine Stimme mit etwas Klang. Der Täter hatte keinen sonoren Klang in der Stimme. Erinnerung an eine zersägte Leiche, so buckelig nun.«
»Gerade weil du am Tag so viel allein, kaum Begegnungen eingeübt wurden, schlug ein sehr freier Innenraum draußen manchmal sofort um in ein Gegenteil, klassischerweise *Verrücktheit* genannt . . .
Preisgabe, zur Ansicht:
das Ansehen.
Allein sein: dort alle funktionale Ordnung in dir aufgelöst, dadurch offenbar noch ›anfälliger‹.
Jedenfalls konnte es, in Menschennähe, so leicht von einem sehr guten Zustand mit dir selbst zum Umschlag kommen.
Nichts mehr sah ein, dich *draußen* zu beschränken. Das scheint ein Problem zu sein. –
Engmaschige, gute Kognition als Halt im Jetzt?
Wie sehr Begrenzung, Kompromiss, fehlende Lebensrealisierung.
Um . . . was und wem entgegenzukommen?«
Franz sagte:
»Mir steht oft einfach kein Blick
zur Verfügung in sozialen Prozessen.
Benötige einen Sozial-Toleranzbereich . . . des Ver-rückten . . . ohne es zu sein.
Du musst ihn dir schon selbst geben.
Wie weit ist das möglich?
Nicht jedes Mal – aus Sicht der anderen, der Normen – abgleichen und
schlecht abschneiden.
Von vornherein sich selbst gegeben.«
»Kein Zufall, dass gerade das Auge getroffen wurde, das Augenlicht.«
»Wie hell die Welt, wenn weit und beidseitig anregend in Augen gesehen wird.«
Ȇbersicht der Bewohner im Haus
kaum möglich.
dir kaum möglich . . . Verbindlichkeit herzustellen zu jemand dort
ohne
Ruf-Mord-Heraufkommung
als Erinnerung.
Täteradressen, Ähnlichkeit, Multiplizierung
überall.«
»Half
ent-himmelste aller Lebendigkeiten
Sich gestatten, immer böser zu werden . . . im Hindurch.
Hier fängt das Verständnisproblem an . . . oder
setzt sich fort?
Gegen-Gift (auch Gift), das zu dem hinwuchs, was in sich, darüber
. . . hinaus.
Höhere Mathematik des Selbstschutzes
dabei zu sehn, nicht zu sehr ins Denken zu geraten, sondern in die Unmittelbarkeit . . .«
»Alles war wohl der Versuch, bejahend wahrzunehmen – dagegen, doch unentwegt qualvoll zugrunde gegangen zu sein.«
»Das ›Trauma‹ wirkte streng, hart, manchmal wütend.
Die Disposition dieses Mädchens war
vor allem sexuell weich
Wandte sich
wohin?«
»Im Winken der Mutter einmal erschüttert gewesen.
Urvertrauen, Grundgütigkeit
verletzt.«
»Name, womit alles aufgerufen wird.
Was ist ›alles‹?
Auch das:
Drang zu tief ein.
Verwickelte sich zu tief.
Das zu sagen, als mache es verdächtig . . . wieso mich . . .«
Franz sagte:
»Dass die zerstörerische Täter-Energie dann, in völlig anderer Ausprägung . . . auch meine Energie war (oder dafür gehalten wurde).«
»Nur anerkannt werden, wenn ›Unversehrtheit‹ gestrahlt wird? Und was ist das für eine Anerkennung? Nichts fragen, nichts wissen wollen? Das hat man hier wie hier – überall – drauf.
Und das unmäßige Urteil ›mir selbst‹ gegenüber ist genau diese Injektion, die wir alle von vornherein erhielten.«
»Doch was sich in dir befindet
sei es scheinbar noch so flüchtig entstanden
es lässt sich nicht mehr trennen
es gehört zusammen.«
»Das alles
was vor dem ersten Wort steht.
Vor der ersten Richtung.«
»Es zu Ende ermessen haben?
Ich sage jetzt: Ja.«
»Mit der einstigen Freundin einst.
Ihr fuhrt herum.
Sie zeigte dir . . . Waltrop.
Da wohnte ein Freund.
In der Nähe . . . Name eines Geschäfts auf großem leuchtendem Schild in der Abenddunkelheit, identisch mit dem Täter-Namen.
Kein Sich-getäuscht-Haben.
damit war
augenblicklich etwas zu Ende gegangen . . .
*solche Gedanken überhaupt haben – zu müssen*
selbst wenn man sie augenblicklich zerstört –
welche Anstrengung
welcher Eingriff
das haben – zu müssen
es
kam mir zu nah
drang
zu sehr in mich ein
wusste so genau: kann sich kaum um ›Person‹ von einst handeln
doch das Gefühl . . .
das, was aufgerufen wurde
kapiert es nicht
wieder sprach ich nicht
Furcht vor Infizierung
Streuung
Verbreitung
Ruf
Mord
für einen ganzen Raum
vergiftet worden zu sein
die vielen Kollaborationen . . .
darauf bezieht es sich: nicht genug Vertrauen.
konnte nicht mehr ›an mich ranlassen‹
augenblicklich zu Ende gegangen, wohl die Beziehung . . .
im Grunde das Gleiche wie zu dem alten Mann am Beginn.
Der Schmerz.