Mein Leben ist wie leise See:
Wohnt in den Uferhäusern das Weh,
wagt sich nicht aus den Höfen.
Nur manchmal zittert ein Nahn und Fliehn:
aufgestörte Wünsche ziehn
darüber wie silberne Möven.
Und dann ist alles wieder still. . .
Und weißt du was mein Leben will,
hast du es schon verstanden?
Wie eine Welle im Morgenmeer
will es, rauschend und muschelschwer,
an deiner Seele landen.
(Rilke)
bis zum 15. Jahr
- sehr verbindlich aufeinander bezogen
herangewachsen
- von vornherein volles Mitspracherecht
- deutliche Tendenz zur Überbehütung
- früh entdecktes musikalisches Talent
- recht anerkannt
- leichte „Starallüren“
Umzug im 15. Jahr
von einer größeren Stadt (Innenstadtnähe) aufs Land (Hauskauf des Vaters)
- völliger Fremdkörper in dem Dorf
- nicht gewohnt, zurückzustecken, geschah Folgendes
etwa 20 Jugendliche, zum Teil deutlich älter, schlossen sich gegen mich zusammen
- körperliche Misshandlung
- das ganze Register psychischer Qualen bis hin zu einer „Umtaufung“, die vorgenommen wurde
- in dieser Weise der Lächerlichkeit preisgegeben
lückenlos geschlossenes Kollektiv, das sich – die folgenden Jahre sollten es zeigen – als völlig unveränderlich erwies. Sie taten so, als glaubten sie – damit, einen ‚Fremden‘ vernichtet zu haben –, im Recht zu sein. Keine Einsicht, keine Empathie, im Zweifelsfall Leugnung und Feigheit. Dies. Das war 1978.
33 Jahre nach der Nazi-Zeit
Danach
das Dorf war klein, es gab da kein Entrinnen
Schlussfolgerung: totales Sich-Hineinbegeben ins Innere
- mit Musik und Literatur tagträumerisch
- auch Drogen
Folgen in dieser Zeit
verschlossen, zuweilen gereizt bis aggressiv
bis hin zu
grenzenloser Verständigkeit für alles
ob dieser Disposition im anstehenden Schuljahr in eine Mob-bing-Situation geraten
ausgehend von drei „sitzen gebliebenen“ Schülern, die 2-3 Jahre älter waren und
zusammengeschlossen auftraten
Berufseinstiege
alle unpassend
- einerseits viel zu frei (für die Berufe, die möglich schienen)
- andererseits zu „lädiert“
in dieser Zeit
begann ich (regelmäßig) zu schreiben:
Gedichte, Tagebuch, experimentelle Prosaformen
erst später
machte ich zu meiner Person passende Abschlüsse – bis hin zur
Promotion im Fach Literaturwissenschaft zum
Motiv der Wunde
Historisch-systematische Untersuchungen zur Poetik des Opfers
Beispiel für „Folgeschaden“
6.2.2016, Osnabrück
unvertraute Umgebung
ist geradezu ein Nährboden für „Auslöser“
aber auch vertraute Umgebungen schützen nicht
der sog. Auslöser beinhaltet x Varianten
an jenem Tag war es einmal mehr folgende Variante. Einer der Teilnehmer erinnerte an „irgendetwas“ von den Tätern. Die Vernunft sagte *der Verständlichkeit halber etwas plump gesagt*, völliger Schwachsinn, hier sind liebe Menschen und keine Täter von einst –
nur: die generalisierende Psyche glaubt es nicht .......
Auslöser ist Auslöser und der Täterimpuls war nicht mehr rauszukriegen
Folge: Einbrüche
vorstellbar ist das so:
ich war besonders zu Beginn nur zu kurzen Aufhellungen in der Lage. Mit „Einbrüche“ sind abgründige Verdunkelungen des Gemüts gemeint (alles Hilfsbegriffe)
es kann, wie es zeitweilig geschah, zu Bedrohlichem kommen, das von mir ausgeht, insb. beim Augenkontakt
Ausgangspunkt dafür: internalisiertes Bedrohtwerden
in einem ohne Weiteres nicht vorstellbaren Ausmaß
an diesem Punkt angelangt, bin ich auf einer Vivencia kaum mehr in der Lage, jemand „einzuladen“ (Übung zu zweit)
nachvollziehbarerweise werde ich in der Verfassung auch selten „eingeladen“
im Unterschied zur Depression und vielem anderen kann ich mich – andererseits – auch recht schnell von diesen „Einbrüchen“ erholen. Und zwar deswegen, weil da viel ‚Urvertrauen‘ in mir und ich psychisch im Kern intakt
aber sehr erschütterbar an der Bewusstseinsoberfläche – manchmal viele Auslöser an einem Tag, leichte und stärkere oder, inzwischen eher selten, durchschlagende
ich habe bei Kontakt mehr Kräfte aufzubringen als (viele) andere
manchmal geht es auch ganz leicht, in meiner Kindheit und bis zum 15. Jahr galt ich als
sehr kontakt- und nähefähig
es wurden indessen
dramatische Prozesse, im Ringen um Liebe
am 6.2. also gleich zu Beginn eine Auslösung (‚Täterähnlichkeit‘)
eine der Übungen bestand darin, dass sich die Teilnehmer in zwei Reihen gegenüberstanden – jeder stand einem andern gegenüber –, und der jeweils Letzte sich langsam in Bewegung setzte und jedem Einzelnen
großzügig von sich selbst gab
so
wie JEDER Einzelne großzügig empfing
ich hatte die Situation umzucodieren als Inversion von „Spalier“ und „Spießrutenlauf“
schon dieser kognitive Akt tönte die Stimmung entsprechend
damit dürfte richtungsweise verstehbar sein, wie dramatisch das für mich war. Weil die generalisierende Psyche, schließlich das Gefühl, nicht unterscheiden kann, ob da jetzt einer der einstigen Täter steht oder jemand anderes
dass ich das andererseits genau zu unterscheiden weiß, ist – in diesen Momenten – ein sich nicht recht durchsetzender sozialer Faktor auf der energetischen Ebene
daraus ergeben sich die Schwankungen, das Verhältnis von Aufhellung und Einbruch
das wiederum geht einher damit, typische „Opferzeichen“ zu zeigen, obgleich ich sie alle kenne: das Gesicht scheint zeitweilig zu verschwimmen, „Angstschweißbildungen“, vieles mehr
ich nehme all das
über-genau wahr
und die Scham darüber, dass es so ist, ist nicht klein
in diesen Momenten erscheine ich mir selbst als ein zerriebener Mensch und bin es auch, der weit entfernt ist von dem, wozu er fähig wäre
es ist wesentlich, jedenfalls für mich, dies durchzustehen, denn nur so kann es gegebenenfalls besser werden
nicht zu vergessen, das Gelingende. Es gab ein paar bewegende Momente auch an diesem Tag, insbesondere mit Menschen, die mit ihrem Schmerz, um ihr Leben, vielleicht nicht weniger zu ringen haben
zuletzt zur Übung „den andern (durch Zärtlichkeit) taufen“, die ich mit dir machte, Birgit. Alles angenehm, und dann stand ich am Ende da, mit geschlossenen Augen, und hatte Mühe, die Augen zu öffnen, weil mit allem Wohltuendem, das entsteht, auch Gegenteils-Bildungen hervorgerufen werden. Das ist geradezu normal, erlebe ich aber auch sehr zugespitzt. Und dann sagtest du, Birgit, ... und jetzt öffnen wir die Augen und verständigen uns, während ich die Augen noch geschlossen hielt, es ist das Feedback; und der Blick, den wir geben, ist
Liebe