Lichthof 21: Sinn--losigkeit und Tod

 

 

 

 

 

 

 

Deine Bitternis

spielt in eigens sich schaffenden Räumen.

 

 

So viel durchgemacht und: Sterben musst du auch noch!

 

 

In welche Un-Gestalten sich das eigene Leben goss.

Dass es

vielfach

 

billig vertan wurde.

 

 

Das, was es nicht hätte geben dürfen. Was es offenbar sein musste.

 

 

Und in Stadt erschien dann wieder ein geschlechtliches Wesen, das

Sinn suggerierte.

 

 

All die Mühen, sagte er, und das ist dann der 'Supergau': Der Tod eines Menschen

für ihn selbst.

Die Entziehung

jedweder Problematik, jedweden Wegs, jedweder Lösung und Erlösung.

 

 

Ich werde jämmerlich zugrunde gehen, sagte er, in einem nicht so sehr unterschiedenen Zustand zu jetzt. Dabei: Einzelnes Leben ins Unermessliche hinein wertschätzen. Bei all der Geklärtheit

 

ungeklärt.

 

 

 

Trieb mit geschlossenen Augen auf dem Sofa hin

nichts mehr, in dem Sinne, das sich aufbauen wollte.

 

 

Er habe keine Angst vor dem Tod. Auch das

wird nicht mit Worten entschieden.

 

 

+

 

 

Eine Art des Schwindels, der anzeigte, dass

Leben sofort zu Ende sein kann.

 

 

Als du ganz real Angst zu haben hattest, von einem Erdbeben – augenblicklich – vernichtet zu werden.

 

 

Der Moment, in dem alles

abzugeben ist.

Auslöschung des eigenen 'Systems'.

 

 

Sinnlosigkeit, Willkür

meldete sich auch bei jedem Konzeptionsversuch.

 

 

+

 

 

Umschlag in den echten und einzigen Tod.

Erzwungene Hingabe.

Darin wird »man« gewiss fühlen, dass

das gesamte gelebte Leben

so

nicht stimmig war:

nicht stimmig sein konnte.

In diesem 'Angesicht'.

 

 

Plötzlich denken an Ulrike, deine Kommunionpartnerin, die, kurz darauf, an Leukämie starb.

Sie wurde 9.

48 Jahre war es her.

Was du doch – mitunter – für ein *geistiger Koloss* geworden warst; so wunderbar berührend ihre Aura mit 9.

 

 

+

 

 

Es gab Zwangsarbeit, es gab all das, und du, in deiner Jugend, nichts davon wissend, begannst dies.

 

 

Dem kommt nichts mehr, dem stößt kein Tag mehr zu,

und alles lügt ihn an, was ihm geschieht

-

(Rainer Maria Rilke)

 

 

Dasjenige im Klo

ein wahrster Ausdruck von Existenz.

 

 

Der Moment bewusst erlebten Todes ist der Moment wahrer Einsamkeit.

 

 

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Wo ist jetzt

diese unerhörte Tiefe von Mstislaw Rostropowitsch, die sich

immer weiter angereichert hatte.

Die Musik, die er hinterließ, gibt

eine Ahnung davon.

 

 

Der Tod gibt dem Lebewesen seine Würde, seine Fremdheit

ganz zurück.

 

 

+

 

 

Rilke – das war ein großes, ein maximal zugespitztes Bedeutungs-Universum. Dieses Universum ist, auf der Ebene hinterlassener Texte, neu und anders belebbar, ja für nahezu jeden Einzelnen. Aber der Urheber, mit diesem einen Bedeutungsuniversum, das den Texten unterlegt ist, bleibt wohl tot. Letztlich war das schillernd wie eine Blüte, nicht mehr, bei all der Erkenntnis und transzendierenden Schönheit, mehr wohl nicht.  

 

 

*

 

 

Das Gähnen der Unlust. Der absoluten Nicht-Aussicht.

 

 

Imre Kertész hatte Auschwitz erlebt. Dieses historische Ereignis.

 

 

Carl; angesichts des Reichtums von Leben

nur diese eine Negation gewählt hatte: sich selbst – zu töten.

 

 

So weiche Lederhandschuhe. Jetzt ist einer weg. Verloren.

Eigentliche Wertschätzung

erst jetzt.

 

 

Reihe der Menschen. Jeder Einzelne

solcher Reichtum. Einer nach dem andern – entfallen.

 

 

Wachtest in der Nacht auf mit so grobem Zeug, gingst dann über in deinen intimen Umgang mit dir, selbst Traum Entfremdung.

 

 

Das Universum oder Teile davon können in jedem Moment zusammenbrechen wie dein Leben.

 

 

Die Stunden! wo wir auf das helle Blauen

Des Meeres starren und den Tod verstehn

[…]

Wie eine Heilige, die ihr Blut vergießt.

-

(Hugo von Hofmannsthal)

 

 

Jüngere und ältere Frau gingen im kalten Februar. Ältere begann zu stürzen. Sahst es von einem ersten Stock aus. Und, fiel, ganz. Als habe sie – endlich – fallen wollen.

 

 

Wahrnehmung wie begraben in Verklappungen des Nervensystems.

 

 

Im Jahr 1507 ging er . . . – Leben; dass er nicht mehr da ist.

 

 

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Ebenso platt wie wahr: Auf der Erde ist man schneller tot als man gucken kann.

 

 

Menschen fangen irgendetwas an, weil mit irgendetwas anzufangen ist, und initiieren Holz-Wege. 'Endlos'.

 

 

Wenn nach den Toten auch ihr Andenken verscharrt ist, wenn die Schuldfrage aus der millionsten Erörterung auftauchen wird, als habe sie niemand erwartet, wenn die Frage ›Wie war das möglich?‹ nicht länger den Horizont verdunkelt, wenn das Geschehen, wieder kindlich geworden, dem Schweigen entrann, werden wir nie existiert haben. Nur der leichte Schatten auf einer polierten Fläche, groß wie ein Fingernagel, bewahrt einen Teil jenes größeren Schattens, der uns versehrt.

-

(Ulrich Schödlbauer)

 

 

Wie ein Mensch nach all seinen Mühen

im Grab vor sich hin 'schläft' –

 

 

Viele haben ihn reich ausgeschmückt, ihren Ausweg. Eine Religion, einen spirituellen Pfad daraus gemacht.

 

 

Umschlag also:

in den echten und einzigen Tod