Kreta 11.10.

Am gestrigen Tag Fahrt von Réthimnon nach Agía Galíni, von einem nordkretischen Ort am Meer zu einem südkretischen Ort am Meer. Nicht zuletzt aus zweimal fünfzig Kilometern Fahrt durch Serpentinen ergab sich jene Überreiztheit und Gereiztheit, mit der du erneut früh in der Nacht erwachtest. Nach zwei wirkungsvollen Träumen. Im ersten Traum schrie ich mit großer Verzweiflung durch leeren Raum »Hilft mir denn hier keiner!«, nachdem Freundin und Ex-Freundin zuvor zusammen davongegangen waren, während ich nach einer Fahrt zu dritt, eben mit den beiden, mit einem desaströsen Wagentürschloss zurückblieb, das aus einem Holzspan bestand, den es offenbar einzufädeln galt, also mit einem unabschließbaren Wagen zurückblieb.

Kurz darauf befand ich mich in einem Konzentrationslager mit eben diesem Holzspan, der den Schlüssel darstellte, herauszukommen. Der Holzspan glitt mir aus der Hand und fiel in einen Abgrund, der sich jedem Zugriff – und ich meinte zu wissen: für immer – entzog.

Im zweiten Traum sagte ich in einer bedeutungsaufgeladenen Situation »In Ordnung« und merkte noch während des Aussprechens, dass etwas gar nicht »in Ordnung« war und gereizt innere Wände hochschoss bis dahin, mich völlig aus dem Gleichgewicht zu erleben. Und es enthielt wohl das Thema, bei etwas zuzustimmen, bei welchem man selbst nicht ansatzweise berücksichtigt wurde. Es hat zu tun mit Selbstfürsorge. Damit, wie weit man wirklich guten Herzens zu- und einstimmen kann.

 

 

 

 

Am südkretischen Meer weite Stille wahrgenommen. Nur ganz leichter, geradezu zarter Wind an einem klaren Tage. So feine Strukturen in der Wärme gespürt. Und ein Erleben – Bewegungen, Gesichter, Landschaftsteile –, das auferstand und im Agía Galíni vor 37 Jahren sich vollzogen hatte. So lebhaft und nah, wie es wohl nur am Ort selbst noch einmal erlebt werden kann.

 

 

 

 

In den Wagen einsteigen und los, allein, fast ohne Vorstellung. Brauchst so etwas –, um mit dir selbst und allem, was geschehen, ins Reine zu kommen.

Triffst so gern absprachelos Entscheidungen.

Entscheidest so gern

total spontan.

 

 

Balí. In einem bequemen Korbsessel sitzen bei Latte und warmem Apfelstrudel – auf einer Veranda einige Meter über den Wellen. Blick auf Badende am Fuße eines gewaltigen Bergs. Techno-Musik, die spezielle Art sphärischer Harmonie simuliert, immerhin vermag sie es. Die Bedienung bleibt mit einem Augenaufschlag vor dir stehen, der Angekommensein – ebenfalls simuliert. Ein perfekter Moment für denjenigen, der damit zufrieden ist. Und für eine kleine Zeit bist du es. Beobachtung einer jungen Frau mit blonden langen Haaren, die den Engel spielt. Es geht wohl darum, von sich selbst – dem Schmerzlichen von Existenz – abzurücken oder gar: befreit zu werden. Oder worum geht es gerade?