I

 

dieses Leichterwerden, dieses Dünnerwerden, dieses Unsicherwerden, dieses

 

Blühen zwischen allem beim Aufscheinen einer Idee, die

 

gleich ausgeführt werden könnte –

 

*

 

hat Augen wie Adern aus Seen

 

*

 

ein Kind, das vom Wagenhintersitz die ganze Zeit so offen nach hinten auf andere Wagen und Menschen sieht, erinnert an sich selbst.

 

*

 

warum stattet mich diese Frau, die im Café gegenübersitzt, nicht aus

mit lauter vertrauensvollen und anregenden Eigenschaften.

 

*

 

Situation, wie sie aus derjenigen zuvor, aus was allem

hervorgeht.  

 

Was alles geschah, bis dahin, wo ich jetzt bin.

 

*

 

Verbindungs-Zone zwischen zwei Gedanken

zwischen zwei Funktionen

Trennungs-Zone

 

*

 

gemeinsame Augen- und Blick-Entfaltung

Augenaufgang

 

*

 

Arten der Zersetzung

von Blickgemeinsamkeit

ich kenne da Arten, die – so – niemand kennt

mit etwas Gewalt runtergedrückt

um nicht gemeinsam

in was aufzugehen?

 

Worauf es ankommt, wenn es glücklich werden soll.

 

*

 

strömt noch vom guten Babygeruch

ganz nah an ihrem Atem

wie sie schwitzt, wie sie lebt

mir ihr Herz in die Seele spricht

 

sich, ohne etwas zurückzuhalten, in ihr Gesicht hinein geöffnet

machte mich, dreißig Jahr älter, verlegener als sie

weil diese Entlernungs- und Entwurzelungsgeschichte

zugleich diese Neulernens- und Existenzialwurzelungsgeschichte

die so wertschätzend macht, dass es

von daher schon verlegen macht

 

Atemerkundungen

was eine Existenz

schlagartig glücklich macht

Fließtausch

 

freue mich so über ein Gelingen, während es für sie bloß ‚normal‘ ist?

 

wie ihre Atmung IM Geben ausgreift

steuert zu, auf das Kind

wie jene Knospe „über Nacht“ zur Blüte

noch ein wunderbares Kind in ihr

beim So-Miteinander-Umgehen

 

II

 

nach dem Telefonat

bildeten sich wunderbare Wesen bei geschlossenen Augen in Farben, die sonst nicht vorkommen.

 

*

 

sich zuweilen „zu schnell“ und ganz in Aussicht stellen?

morgen bin ich tot.

 

ich sehe nur die Wunder –

ohne nach Folgen zu fragen

 

alles Hinderliche zwischen zweien

zur

gemeinsamen Harmonie

 

*

 

ihrer Meinung

blieb sie nicht treu

im Ausdruck

 

III

 

[...] das Unbehagen, die Scham, verstehe sehr gut, hatte ich übrigens recht ausgeprägt bei diesen Veröffentlichungen, zugleich aber fühlte ich, dass dies (subjektiv) richtig.

Heut Morgen sah ich aus dem Fenster und dachte, da seh ich jetzt auf jemand, warum kann ich nicht in der Art erwägen von ihm wie es in meinen Texten steht, und fand es auf einmal unglaublich reduziert, Menschen nur zu sehen ..... Die unsichtbare Zone, sicher hat sie Schutzfunktionen, ich würde bei vielen aber mal gerne wissen ..... Es würde helfen, Mitgefühl aufbauen zu können

In gewisser Weise ging durch diese Texte, im Status solcher Veröffentlichung, ein Licht an, ich leb nun im Bewusstsein, dass Grundlegendes über mich gewusst wird, schreite anders weiter, finde bessere Ruhe

 

*

 

hat gar keinen theoretischen Hintergrund

sagt es ganz direkt

gibt keinen Schutz

das gilt für die Zufüger:

kein theoretisches Auffangbecken

um dem andern und sich

Gemeines, Heilloses zu ersparen

 

sondern gleich

heillose Tat

 

IV

 

fühle mich am Morgen wie ein niedergehaltenes Wetter in einer kargsten Region der Erde

 

mit etwas Kaffee und Käse in einer gewissen Lebensfähigkeit schwimmen

 

keine großen Pläne mehr entwickeln?

sondern Zeit einräumen mit

dir

 

doch wie bereit bist du?

 

*

 

Letztlich – in seinem Totsein – hat ein Mensch

nichts gekannt.

 

V

 

Wenn im Kern der Begegnung

dein Name, deine eigentliche Person, erschiene.

 

erschien Namens-Missbrauch

Allerungünstigstes, von innen nach außen und

innerer Reichtum wie nicht existent.

anstelle dessen, mein Liebe-Vollstes geben zu können

pfropfte sich eine ausgehöhlte und

aushöhlende Dunkelwelt drüber.

so erschien im Kern der Begegnung

(eine schönste hätte es werden können)

Missbrauch

 

 

... will sie zu keiner Zeit sehn, wegen Art der Ausprägung des Normengefüges, alle Hinterhalte kommen durch sie wieder hervor. Jede Freundlichkeit wäre Lüge und: ich lüge nicht.

 

VI

 

ein Mädchen mit solcher Gesichtsdeutlichkeit

wie ein Gegenbild zu jeder Erschließung von Theorie

 

*

 

in der Nacht dringlich flüsternd geweckt, beim Vornamen gerufen werden, „Ralf?“

Resonanzraum

 

VII

 

das Einbrechen.

es ist nur eine Frage des Grades.

 

*

 

„Hohlkreuz“ hörte ich als Heranwachsender.

Diagnosen wirkten schlimm, weil

niemand solche Wörter als Metapher auswies

Begriffswillkür und –Einseitigkeit

nicht mitgeliefert wurde. Nie im Raum stand, dass

ein „Hohlkreuz“

 

Vorteile hat.

 

*

 

Schließen der Schamkerne,

als entsinnlichte Figur einhergehen.

plötzlich war deren Erschließung – ich sag einmal – „eine Hälfte“, die fehlte

zum Ganzsein

 

was fehlte vorher? 

 

VIII

 

ist so, als würden in ihren Augen

Kerzen angezündet

 

Was mache ich nun mit dieser Wahrnehmung, was macht sie in dir?

 

Was ich weiter schrieb, „kann“ ich leider nicht veröffentlichen.

Richtig, es wäre gerade das Interessante.

So behalte ich es für mich.

 

im Gedränge plötzlich ein Zug wie ein Vogelzug durch vier Augen und vorbei und doch

Erinnerung

 

Trauer, die mich streift, als sei dies hier

 

nicht mein Leben.

 

Wo bist du denn, du Ursprung?

Von wo kommen die Radiowellen,

die das entfernte Echo des ersten Augenblicks bewahren?

(Gioconda Belli)

 

IX

 

das sich weiter sättigende Grün draußen bis

in die Dunkelheit hinein hören

 

*

 

keinen Halt mehr haben und etwas in sich, womit sich niemand erreichen lässt.

 

öffnete nackt die Wohnungstür, um nach etwas vor der Tür zu sehen. Kam jemand vorbei wie lautloses Gerassel, nichts als Prävention, um nicht verletzt zu werden.

 

*

 

nach so viel Schlaf und Kissentauchen

seh ich grüner als vorher

 

*

 

plötzlich verstehe ich, wie lebend ihr Arm ist

 

*

 

als gäbe es einen Vorhof von Strahlung

 

X

 

So weich in sich tief rein

dass sich

alles Störende

auf dem Weg dorthin

 

verliert

 

Als deine Augen in meinen ganz tief wurden.