Lichthof 39: Ein Versprechen

 

(Reminiszenzen: Kindheit, Jugend)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

»Ich kann dir das nicht versprechen«, sagte sie.

»Vielleicht solltest du das.

Ein Versprechen war einmal sehr viel wert und hatte große Schubkraft.«

 

 

 

Erinnerung an die Kindheits-Wahrnehmung, als du einen Wagen auf der Autobahn fasziniert betrachtetest und dir zu erklären suchtest, wie es möglich sein konnte, dass es das gibt und dies hier fährt.

 

 

 

Erinnerung daran, als Kind auf der Wiese eine Blume probiert zu haben und  .  .  .  auf so bitteren Saft, so bitter schmeckende Substanz gestoßen zu sein.

 

 

 

*

 

 

 

Schon als Kind, blitzartige Umsetzung übermütiger, eigen-artiger Ideen.

 

 

 

In dünnem Flockenschnee so dünn gewesen.

 

 

 

Gutgläubigkeit ist keine Lösung.

Aber das Gute zu kennen und zu erkennen und, in aller Vermischung, es zu wahren.

 

 

 

Das Ungewöhnliche deiner Wahrnehmung in Jugend ist

nicht darstellbar.

 

 

 

Die 'verzogenen (schlecht beratenen) Menschen', mit denen du zu tun hattest. Einschließlich sich selbst.

 

 

 

Erinnerung daran, wie gewaltig das als Kind erschien, etwa eine Straße entlang eines Wasserfalls gebaut zu haben. Naturgewalt und Menschenhand. Oder auch die Ahnungen, die aufkeimten, bei einer, wie gesagt wurde, »voll entwickelten Frau«.

 

 

 

So mittig der Blick des Mädchens, als sei nichts anderes möglich gewesen.

 

 

 

Erinnerung an eine Situation, in der eine Krankenschwester ein Zäpfchen in den Po steckte immer tiefer mit ihrem behandschuhten Finger, womit ein solcher Verschmelzungswunsch entstanden war.

 

 

 

Die Erde öffnet sich zur Neugeburt des Grüns

-

(Achim von Arnim, Nähe des Frühlings)

 

 

 

Unmittelbarer Nachhall einer Musik nach einem Diskothekenaufenthalt in Achtzigerjahren – 40 Jahre später

er--innert.

 

 

 

In Kindheit erschien manches statisch, vielmehr: »Gott gegeben« oder, als sei es immer schon – da gewesen. Dagegen:

Das Werden, Reaktions-Bildungen

in jeder Sekunde

 

 

 

Grundfehler in Jugend: Suchtest auch noch, nach diesem, dich anders zu machen, als du warst.

 

 

 

In ganz jungen – in ganz zarten

Blättern, die noch kein

Wind bewegte

-

(Uriel Birnbaum)

 

 

 

Lebensbeginn: kaum Erfahrung und fast nur Neuheiten vor sich   .   .   .   .   .

 

 

 

Bei dem Namen tauchte direkt Entfremdung auf.

 

 

 

Hirnhautentzündung: 6 Wochen Quarantäne.

Die geliebten Eltern erschienen ab und zu an einer Scheibe, Stummheit wegen des dicken Glases.

Vonseiten des Krankenhauses wurde keine Erklärung ausgesprochen.  

Sechzigerjahre.

Wie sehr du spürtest: Fremde, die

immer noch fremder wurde.

 

 

 

+

 

 

 

Wie frei dein Gefühl war, als du einst aufbrachst. Erstaunlich eigentlich, wenn bedacht wird, dass überall auf der Welt Menschen aus bestimmten, auch-engen Sozialisationen anzutreffen sind.

 

 

 

Es scheint, als habest du Erinnerung daran, als dir das erste Mal die Wirkung des Wortes »tot« bei realem Hintergrund begegnete.

 

 

 

Ein anderes Grundlebensgefühl ist es: für etwas sparen zu müssen.

 

 

 

Unter der breiten Brücke, starker Regen. Pubertierende Mädchen, spitze Schreie in ihre Furcht und in ihre Geschlechtlichkeit hinein.

 

 

 

Erinnerung an sich materialisierenden Körpergeruch, eigentümlich anziehend, schulterarmfrei, in der Turnhalle.

 

 

 

Als Kind stand ein 30-Quadratmeter-Kinderzimmer mit Terrasse und Garten zur Verfügung. Von hohen Sträuchern umschlossen. Die eigene Welt.