… ich denke zurzeit nach über ‚körperlosen Kontakt‘, über E-Mail-Kontakt. Ich sitze gerade im Café, schöne Wärme und Sonnenschein, jeder auf seine Weise sinnlich etwas erblüht, den Sommer, sein Leben genießend, so weit gerade möglich. Ich denke gerade an dich und merke, dass du ganz schön präsent, nah in meinem Innern bist ……. Eigentlich näher als die sommerlich gegenwärtigen Körper und Psychen um mich herum. Näher als mancher, den ich hier kenne. Das wollte ich dir schreiben, das erstaunt mich einfach etwas. Es ist wohl die Verbindung und das Vertrauen und eine unbestimmte Hoffnung, denke ich gerade, ob sie nun gerechtfertigt ist oder nicht. Sicher spielen Archaismen mit rein, die ganz unabhängig von jedem zunächst bestehen. So der Traum, sich mit einem Menschen wirklich zu verstehen. Der Traum, verstanden zu werden, angenommen zu werden. Ich habe ihn früh geträumt ……. Aber keine Angst …, ich projiziere das jetzt nicht auf dich, ich bin da sozusagen „mit allen Wassern“ usw., habe alle möglichen Erfahrungen gemacht .., auch im Studium, in der Psychologie bin ich das durchgegangen, und so weiß ich, Vorsicht bei Erwartungshaltungen ..... Tatsächlich stören sie auch oft beim Blick darauf, wie Menschen tatsächlich sind. Du siehst, ich philosophiere gern herum, weniger abstrakt, sondern recht konkret …

 

*

 

Betr.       Wünsche -

... deine Mails haben mich berührt, und ich meine in ihnen zu erkennen, was ich auch möchte. Tiefe, Nähe, Gefühle, unter der Voraussetzung, seelisch wirklich einen Draht zueinander zu haben, das wäre oder ist es. Genau da fehlt es in meinem Leben. Meine Partnerschaft hat den seelischen Aspekt in dem Sinne nicht. „Biodanza“, ich habe bereits angedeutet, wie überraschend es sein kann und was da alles möglich ist, kann diesen „Aspekt“ auch nicht ausfüllen. Dazu kommt, dass solche Verbindungen rar sind. Ganz offen gesagt, es scheint hier schon mal Möglichkeiten zu geben, sich auf „irgendwas“ einzulassen, ich bin aber an „bloßen körperlichen Verbindungen“ nicht interessiert. Im Übrigen bin ich jetzt in einem Alter, wo „Sturm und Strang“ „biografische Geschichte“ ist, man könnte es wirklich so sagen, ganz offen: Ich sehne mich nach Tiefe, Nähe, Gefühlen. Und da ist eben die Erwartungshaltung der entscheidende Punkt. So was lässt sich nie vorwegnehmen, und man wär ggf. enttäuscht. Es ist eben klug, jederzeit im Leben zu bleiben und so variabel zu sein, dass man gleich akzeptiert, wenn etwas zwischen zweien nicht geht. Oder wenn einer von beiden letztlich nicht möchte. Im Übrigen bin ich keineswegs darauf fixiert, es ist eben zusätzlich oder überhaupt so, dass ich Kerninteressen hab, eben z. B.: Buddhismus, Philosophie, all das, worüber wir schon angefangen haben zu sprechen. Aber ich gebe zu: Es läge und liegt ein ungeheurer Reiz darin, wenn alles zusammenkäme. Damit wäre auch formuliert, was ich mir wünsche. –

 

*

 

[...] es ist sehr bewegend, was sich zwischen uns tut. Ich möchte das mal etwas umfassend sagen, weil ich es so empfinde. Ich lese seit vielen Wochen in einem Text, er heißt „Einbrechendes Hoffnungsbild“. Erst sehr langsam wurde mir klar, wie viel dieser Text jeden Menschen anginge. Denn wer hätte nicht in seinem Leben zu tun, und zwar in allen Phasen, mit einbrechender Hoffnung ....... „Einbrechende Hoffnung“, so wird es definiert, bedeutet immer den Wegfall von Möglichkeiten ....... Und das ist der Grund, warum Menschen frustriert, kalt, gemein, alles Mögliche werden. Was wir aber mit den letzten Mails erreicht haben, sind echte Möglichkeiten ..... Es gibt nichts, um es so allgemein zu sagen, was Menschen mehr beflügelt. Ganz ehrlich: Dass ich mich über das, worüber wir uns verständigen, mit dir verständigen kann, diese Hoffnung hatte ich in Bezug auf eine Frau aufgegeben. Das ist für mich eine neue Erfahrung. Das Ungewöhnliche unseres Kontakts liegt darin: Einerseits von einem echten Freiraum auszugehen, diesen in jedem Fall aufrechtzuerhalten, und andererseits trotzdem verbindlich und bezogen, nicht aussparend zu sein. Dieser schmale Grat, sein Gelingen, ist den Geschlechtern nicht gegeben ....... Denn es läuft weiterhin, man kennt es, in der Regel auf Folgendes hinaus: Etwa auf eine „Liebesbeziehung“, die bald oder irgendwann kippt, weil sich die Geschlechter einfach nicht komplex verständigen können, womit Abhängigkeit, alles Mögliche auftaucht. Oder es läuft auf einen Freiraum hinaus, der stark abgrenzend ist, sodass keine gute Verbindung zwischen einer Frau und einem Mann entsteht. Ausnahme sind z. B. gewachsene, echte Freundschaften innerhalb einer Ehe oder Partnerschaft. Ist es nicht so, übersehe ich etwas? Für mich ist das sehr wichtig, dass ich das endlich einmal völlig und ganz begreife, was da wirklich gut ist und wirklich gut tut ....... Wenn wir uns immer über alles wirklich verständigen können, wird immer alles (relativ) gutgehen ......., sei es Nähe, sei es Distanz. Das spüre ich gerade als eine echte Hoffnung, nicht als Erwartung .....

 

*

 

.. ich freue mich drauf, mich mit all dem, mit dir, was auch kommt, zu befassen, es weckt auch meine schöpferischen, wirklich guten Geister (ohne wirklichen Resonanzraum muss ich immer aufpassen, nicht zu vertrüben) ....... ♥