Notatgedichte März 2020
Gemeinsame Stille
Treffen. Da setzt sich ein ganzer Mensch
für dich in Bewegung.
Was bewegt sich alles in ihm,
wohin genau bewegt er sich – zu dir hin?
Und diese Frage: Möchtest du,
bei diesem Treffen, eher Kontakt
mit deinen dunklen Gedanken oder
dem Wesen . . .
II
Der Wind, manchmal wild, tiefes Atmen
in ihm.
Tage, in denen du den ganzen Tag
draußen gewesen warst und
das Gefühl: gelebt zu haben.
III
Am Wegrand der Tropfen
auf einem Halm
umgeben nun von deiner Stille.
Und vom Wunsch
einer Stille zu zweit.
Einer Stille, die
die Wörter
hinter sich gelassen hat.
Einer Stille, die
Handlungen
hinter sich gelassen hat.
Umgeben vom Wunsch, dass
alle Betrübnis
sein darf, gehen darf
im Herzen des Geheimnisses
einer
gemeinsamen Stille.
Der Moment deines Lebens
ist, alles wahrhaben zu dürfen, was sich bildet.
Mit allem, was geschehen ist,
nun Selbstwohlgefühl aufzubauen
in tieferen Schichten.
Damit
dein Hören
ins Weite hinausschreitet.
Licht
eintreten kann
weit nach innen
ins Offene.
Gewisse Klarheit
Du kannst diese Zeilen nur genießen, ja
verstehen
wenn du nicht verrückt gemacht wurdest.
In der Regel verursachen das zwei Bereiche:
Beruf.
Beziehung.
Biographische Frühe
Wie der Wind über den Rasen wehte
wie bereits gemähte Halme zitterten.
Welche Erinnerung löste das aus
im Jahr 1978?
Es war ein Stoppelfeld im Herbst
7 Jahre zuvor, Hälfte
deines Lebens
damals. Dort
in Wind und Weite
ließest du den ersten Drachen steigen
mit deinem Vater.
II
Das Sich-Erinnern 1978
so viel frischer, so anders noch
als dasjenige heute.
Corona
»Es ist Zeit, daß es Zeit wird.«
Dies steht
am Ende des Gedichtes »Corona« von Paul Celan.
Es ging
um Entfaltung einer Liebe.
Der Tod
soll sich also wieder steigern, von
seiner flüchtigsten Seite
zeigen.
So rasch mähen wie Leben zustandekommt.
Über langen Zeitraum
errichtete »Gedankengebäude«
erweisen sich als
besonders unbrauchbar, als
»Zeit-Verschwendung«.
Pointe auch jetzt : noch
gesteigerte Besinnung auf
kostbares Jetzt.
Gelebter Moment
Saftige Orange im März und
alles andere, das
abgleiten darf.
Nur das. Ein Stück saftige Orange, ganz
gegenwärtig und bewusst
im Mundraum
… auflebt … nachhallt … und
halt vergeht.
Im Licht
Du saßt im Licht und die Welt blieb draußen.
Unangreifbarer Raum.
Menschliche Erinnerungen: etwas Echtes
aus dem Innern, ganz unmaskiert?
Am Ende der Müdigkeit
war ein solcher Geliebtwerdenswunsch
spürbar gewesen. Während
zu den letzten Tageseindrücken gehört hatte:
eine Wolke eingefärbt von sonderbarem Rot, die
sich in leicht überschwemmter Graslandschaft
gespiegelt hatte.
Stille zu zweit
Stiller Frieden zu zweit.
Es fühlte sich an, als seien alle
Gedanken transformiert worden, alle.
(Als sei das der Zweck aller Gedanken gewesen, an diese
Stelle hier zu rücken, um sie
nicht mehr zu identifizieren.)
Hinter ihnen lag: ausgiebiges Naturerleben;
Gespräch, das nicht stritt, sondern sich ergänzte.
Das Wasser des Flusses auf den Wegen
war übergetreten.
Das Traumartige einer Landschaft, in der
Wasser vorherrscht: leise, sanft.
Und auch: überströmt von Berührungen. Die Stille
zu zweit
am Ende ein Zustand, nach dem
nichts mehr kommen musste.
Erreicht wurde, was
erreicht werden konnte.
Das Wort / Phänomen, über das
alles läuft: Vertrauen.